Klaus Peter Knoll
Briefe aus der japanischen Provinz

8. I-Go



To those who are studying Japanese as a foreign language the system of expressing politeness must seem very complicated.
How to Be Polite in Japanese. Tokyo 1989

photo: kpk

PROFESSIONALS
In der Go-Zentrale Osaka frage ich einen der gelangweilt herumsitzenden Profis, ob er mit mir spielt. Ich wußte gar nicht, wie verwöhnt ich war durch Yukari, die sich immer und immer gern mit uns Amateuren auf ein Tänzchen einläßt - was Wunder, wenn man der Wolf persönlich ist und noch im Vollrausch gewinnen könnte. Dabei rührt sie nie ein Gläschen an. Was der Angesprochene mir zu sagen hat, teilt er mir mit steil aufgerichteten Augenbrauen mit: Watashi sensei. Die Grobheit dieser aufs äußerste verkürzten Form - Ich Chef, Du nix! - schneidet messerscharf in meinen Stolz. Als ich sicher bin, daß ich ihn richtig verstanden habe, erkläre ich ihm lang und ausführlich, daß er ein arrogantes Arschloch ist und (frei aus dem breitesten oberösterreichischen Dialekt, dessen ich fähig bin, rückübersetzt) daß sensei mit dieser Einstellung nie die Buddhaschaft ereichen, sondern mindestens drei vermutlich aber eher fünf Inkarnationen lang in der Hölle seines krankhaften Ehrgeizes brutzeln wird. Daran füge ich rückhaltlos und ehrlich meine Wünsche bezüglich der kommenden Turniere, wobei bluadige Nåsn noch das mit Abstand netteste ist, was ich ihm zudenke. Am Ende meines Sermons lächeln wir einander höflich und etwas mitleidig an, dann ziehe ich mich unter vielen Verbeugungen zurück.

8. Kohi


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