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von Heft 20, zur Wandler Startseite
Wenn einem so viel Schönes wird beschert...
oder
"Der schönste Satz der Welt" (fällt zum Jubiläum aus)
(dl) ...dann kann man schon einmal mit der Tradition zusammen brechen und
einen schönsten Satz der Welt ausfallen lassen. Und das kam so: Die
Redaktionsabteilung beiliegender Literaturzeitschrift hat mich angewandelt
und mir kund getan, daß sie demnächst jubiliere und sich aus diesem
Grunde nicht irgendeinen, sondern einen solchen schönsten Satz der Welt
zur Feier wünsche, der, wie könnt's anders sein, mit dem Thema
Wandler thematisch irgendwie zu tun habe. Ich täte doch immer alte
Bücher und solchen Kram lesen, und da sei doch sicherlich was Wandlerisches
zum Besten zu finden, zu geben und zu sätzen.
Weit gefehlt, und das liegt am ominösen Nomen, denn Namen bestehen nicht
ausschließlich aus Schall und Rauch, sondern mitunter auch aus einer
gehörigen Portion guter oder böser Vorzeichen, woran natürlich
immer denken sollte, wer eine Literaturzeitschrift gründet, mit dem
Gedanken spielt, sie ihren Zwanzigsten noch erleben zu lassen, und folglich
eines schönen Tages eines flotten schönsten Satzes der Welt zu
diesem Namen bedürftig sein wird.
Hätten einige Suffköpfe um einen Archentisch seinerzeit nicht besser
daran getan, so frage ich, ihre frisch zu gründende Literaturzeitschrift
'Auto-Bild', 'Praline' oder 'der Heimwerker' zu taufen? Dazu gäbe es
wahrlich genug schönste Sätze der Welt. Beim 'Wandler' jedoch,
zu dem sich sämtliche Quellen schönster Sätze der Welt
gründlich ausschweigen, sieht das anders aus:
Allenfalls sind in der klassischen Klassik Verwandlungen ausfindig zu machen,
doch ist's von denen bis zum Wandler ein weiter Weg. An Nacht- oder Schlafwandler
wäre zu denken, doch ist die Idee nicht neu, und um bei irgendwelchen
Alt-Anti-Wandlern Anleihen gerade zum Freudenfest --- ach nein. Spannungswandler
gibt's noch, und solche, die es werden wollen, aber sich als Zeitschrift
für Literatur, ernstzunehmende wohlgemerkt, und dennoch unterhaltende,
irgendwelcher Einführungen in die Elektrotechnik zu bedienen, um
schönste Sätze der Welt --- wieder ach nein. Außerdem spielt
hier abermals die Nomenklatur eine Rolle
Nomen est Wandler fiele mir dazu ein, und man könnte ja testen, ob die
werte Leserschaft die mittlerweile ja auch schon etwas angestaubte Reihe
'Der schönste Satz der Welt' überhaupt noch zur Kenntnis nimmt,
indem man im Zitat-Schatzkästchen ein wenig umherwandlert und abwartet,
ob's jemand merkt: "Ein einfacher junger Wandler reiste im Hochsommer von
Hamburg, seiner Vaterstadt, nach Davos-Platz im Graubündischen." Oder
"Heraus in eure Schatten, rege Wandler."
Wäre ja schließlich nicht die erste Enttäuschung, die wir
überlebt hätten!
Lieber aber doch positiv geblieben, und gerade zum Jubiläum allen
Skeptizisten frisch zugerufen: Den Wandler bringt man weder in Schubladen
unter, noch in schönsten Sätzen der Welt. Darum findet sich beides
an dieser Stelle nicht.
"..." *
* ...
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Wandler, Zeitschrift für Literatur, Heft 20
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