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von Heft 20, zur Wandler Startseite
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Boheme am Bodensee
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Peter Salomon zum Fünfzigsten
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Wau Holland zum Tod W.S. Burroughs
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Sean McGuffin: Der fette Bastard. Roman.
"Bohème am Bodensee von 1900 bis 1950" - Auf literarischer Zeitreise
und Entdeckungstour mit kundigem guide""
Wenn man die Augen zusammenkneift oder durch ein Röhrchen blickt, wie
Kinder das manchmal tun, ist alles noch so, wie es einmal war. Nehmen wir
Konstanz: "Die Wellen des Bodensees spielen unter dem blauen
Frühjahrshimmel (...) und man kann im Hotel Hecht, von dem schon Montaigne
berichtete, Wein trinken."
Gut, der "Hecht" ist derzeit geschlossen und dämmert seiner Renovierung
entgegen, aber sonst: - Hören wir Sigmund Freud in einem Brief von 1912
und blicken wir weiter durchs Röhrchen: "Das Gelände um den See
ist ein Garten, Konstanz liegt zauberhaft schön, wirklich dort wo der
Rhein hinausfließt, der Hohentwiel, aus Ekkehard bekannt, der Turm
von Radolfzell, die Insel Reichenau; es kommt da allerlei zusammen (...)."
*
Naturgemäß, es drückt der Föhn. Ernst Jünger meinte
ihn in der Nachkriegszeit nicht aushalten zu können, und hat sich
vorübergehend nach Norden abgesetzt. Aber selbst die reine Schönheit
kann drücken. Carl Sternheim in den zwanzigern: "Es gab Beleuchtungen,
Nähen und Fernen, die ans Herz griffen. Hier würde ich ein Simpel
im Anschauen." Noch etwas deutlicher der dänische Arbeiterdichter Martin
Andersen Nexö im Rückblick: 'Nehmen Sie sich vor der Bodenseefaulheit
in acht, und machen Sie sich rechtzeitig davon!" - denn: "Der Bodenseezustand
ist einer des seligen Verblödens" (Peter Scheer). Begründung: "Hier
ist für eine jede geistige wirkliche Arbeit kein Klima" (Tami Oelfken).
Resultat: "Alle Welt schien zu glauben, daß ich nur dazu da sei, Zureisende
am Dampfschiff in Konstanz abzuholen und ihnen die Sehenswürdigkeiten
von Stadt und Umgebung zu zeigen" (Max Halbe, vom Thurgauer Seerücken
herab). Spätestens hier brauchen wir nicht mehr die Augen zuzukneifen
und durchs Röhrchen zu sehen, um uns an die Vergangenheit der ersten
Jahrhunderthälfte anschließen zu können, sondern dürfen
ruhig fortfahren, fast wie wir begannen: Es ist hier allerhand so, wie es
einmal war; selbst ein Dampfschiff verkehrt noch zwischen Lindau und Konstanz.
Das Buch, das uns diese Zeitreise ermöglicht, entfaltet das poetische
Gedächtnis der Region zwischen Schwarzwald und Allgäu, zwischen
Alpen und Schäbischer Alb. Es heißt "Boheme am Bodensee" und widmet
sich dem "Literarischen Leben am See von 1900 bis 1950". Es ist brillant.
Das Resultat gut zehnjähriger Arbeit seines Autors Manfred Bosch, eines
ausgewiesenen Kenners der badischen und alemannischen Literatur.
Die Kennerschaft Boschs macht uns vertraut mit den großen Namen, die
sich am Bodensee eingefunden haben, handle es sich um Hesse oder Ernst
Jünger, um Freud oder Thomas Mann, um John Dos Passos, Joyce oder Hemingway.
Doch auch darüber hinaus warten auf die Leserinnen und Leser: die
wundersamsten Funde und Spuren. Das macht den zweieinhalb Kilo schweren
Prachtband zu einem Lese- und Entdeckungswunder.
Längst vergessene Autorinnen und Autoren tauchen aus dem Dunkel der
Vergangenheit auf und werden wieder so frisch und interessant, als seien
sie gerade eben, wie Sagengestalten, aus den Tiefen des Sees an die
Oberfläche zurückgekehrt.
Die frühen Spuren einer genuin weiblichen Erzählweise führen
zu Ruth Blum, der "ländlichen Mutter Courage" (Bosch), die zwischen
Schaffhausen und Irland pendelte, und sie führen - neben vielen anderen!
- zur höchst eigenwilligen St. Gallerin Regina Ullmann. Ein
bodenständiger Querkopf wie der Thurgauer Pazifist, Volkserzieher und
unermüdliche Rucksackliterat Fritz Wartenweiler vermag ebenso zu faszinieren
wie Jacob Picard. Mit diesen beiden Autoren erinnert das Buch an versunkene
Traditionen. Im Falle Warthenweilers ist es die eines bodenständigen
und beinahe naiven Internationalismus; im Falle von Picard gewinnen wir einen
ebenso raren wie authentischen Einblick in das Leben (und das Verschwinden)
des deutschen Landjudentums.
Die Bodenseelandschaft als Heimat oder Aufenthalt all der Sprach- und
Ausdruckskünstler entzündet bei vielen unter ihnen die Beobachtungsgabe
und Schaffenslust. Das Resultat davon zieht sich nun als literarische
Glanzlichterkette durch das Buch, vom findigen Bosch mit offensichtlichem
Behagen aufgespannt. Der Historiker Carl J. Burckhardt sei hier, mit Erinnerungen
an seine Internatszeit in Glarisegg am thurgauischen Untersee, stellvertretend
zitiert: "Ich denke oft an einen Nachmittag zurück, an dem mir das
unsichtbar, unendlich still, aber immer noch durch die arge Welt wirkende,
paradiesische Wesen (der Bodenseelandschaft, D.K.) sehr nahe gewesen ist.
(...) Damals überkam mich inmitten der atmenden Pflanzen, vor dem von
der Wasserfläche mild zurückgespiegelten Licht (...) ein unendliches
Heimatgefühl. (...) Es hat den Grund gelegt zu einer immer wieder
siegreichen Hoffnung, die mich inmitten der Schrecken des Zeitalters, in
Konzentrationslagern, in Bombennächten, auf Schlachtfeldern, in Lazaretten
und unter hungernden Flüchtlingen nie verließ."
Die Literaturgeschichte ähnelt der Sagengestalt Chronos, die ihre Kinder
frißt; ein paar große Namen bleiben, wie Jünger und Hesse,
der Pazifist und der Krieger, deren Bodenseezeit natürlich
ausführliche Würdigung findet im Buch, einerseits. Aber es bleiben
andererseits auch Werke, deren Autoren vergessen sind, oder solche Werke
erfahren ganz überraschend ihre Wiedergeburt. Diese Findelkinder im
Leseland stellt Bosch vor unsere Augen, wo er sich mit Norbert Jacques, Carl
Haensel, Horst Wolfram Geißler und Erich Scheuermann befaßt.
Wie bitte??? - -
- - Nun ja - wie gesagt - : die Namen kennt man kaum mehr. Aber die Spuren,
die die Bücher in der Kulturgeschichte hinterlassen haben, kennen wir
durchaus. So ist Luis Trenkers Klassiker "Der Berg ruft" die Verfilmung von
Haensels Roman "Der Kampf um's Matterhorn". Norbert Jacques gleichnamiger
Roman war die Vorlage von Fritz Langs legendärem Welterfolg und
Horrorfilmklassiker "Dr. Mabuse". "Der liebe Augustin" schließlich
ist bis heute der populärste Bodenseeroman geblieben und Horst Wolfram
Geißlers "Sechser im Lotto". Seit seinem Erscheinen 1921 erlebte er
Auflage um Auflage und hat die Million längst hinter sich gelassen.
Sehr Merkwürdiges wiederfuhr auch dem "Papalagi" von Erich Scheurmann:
Das Buch schwamm auf einer ersten Exotikwelle als fiktiver Brief des
Südseehäuptlings Papalagi an die zivilisationsmüden Europäer
1920 zu einem großen Erfolg, um dann für Jahrzehnte in fast
völlige Vergessenheit zu geraten. Doch mit der Stadtindianer- und
Hippie-Bewegung der Siebziger Jahre wurde das Werklein als Aussteigerbibel
selbst in Raubdrucken wiederbelebt ("Salbei-um-d'-Leit'-rum": wir unterbrechen
an dieser Stelle unseren Text und grüßen die Odenwälder
"Grüne Kraft" und Werner Pieper); der "Papalagi" zeitigte jedenfalls
eine die Auflagenmillion übersteigende gloriose Renaissance. An der
ist nebenbei gesagt die offizielle Literaturwissenschaft - blind oft genug
selbst für die empfindlichsten der ihr zur Pflege überantworteten
Pflänzchen - ignoranten Schritts vorbeigestakst.
Mit beeindruckender Detailkenntnis füllt Bosch diese wie auch viele
andere Lücken, leistet die literaturgeschichtliche Einordnung der Werke
und zeigt immer wieder, wie interessant sie einmal waren, beziehungsweise:
wieder sind. - Vielleicht beugt sich ja doch noch ein Gremium vom akademischen
Ross und würdigt diese herkulische Arbeit mit einem Ehrendoktorhut.
Wir unterstützen in dieser Frage den Südkurier, demzufolge diese
Forderung da und dort schon aufgekommen sei!
Bosch jedenfalls sucht und entfaltet in fast jedem Fall die Verbindung von
Werk und Autor auf der einen und ihrem literarhistorischen und
regionalgeschichtlichen Kontext auf der anderen Seite.
Den an den See verschlagenen Luxemburger Norbert Jacques und seinen
machtbesessenen Dr. Mabuse, der Züge Hitlers vorwegnimmt, zitiert die
"Bohème am Bodensee" uns just in dem Moment herbei, wo sie einander
begegnen: "Ich fuhr auf einem Dampfer von Lindau nach Konstanz, saß
oben auf dem Deck, das offen war, und da sah ich einen Mann mir gegenüber
an der Reling sitzen. (...) Ein großer, mächtig zusammengehaltener
Schädel, glatt geschoren (...). Der Blick, der wie aus der Tiefe darunter
hervorkam, war schwer, von einem verhaltenen Eis und Feuer. (...) In diesen
drei Stunden habe ich um den Kopf, in dem das Große und das Böse
unserer Zeit für mich ineinander standen, den Roman des Dr. Mabuse
erfunden..."
Der "Liebe Augustin" nimmt seinen Ausgang dagegen von der lieblichen, alles
besänftigenden Seite des Sees. Bosch verweist denn auch auf Details
des Romans, die unsere touristische Entdeckerlust beflügeln. Da gibt
es den Hinweis auf ein kleines gelbes Haus am Hafen in Lindau mit der Nr.
8, wo die Titelfigur von ihrem Autor einquartiert worden ist; da gibt es
weiter ein Wirtshausschild im nahen Kirchzarten, auf dem Geißler bei
einer Wanderung den lange gesuchten Namen seines ganz und gar unheldischen
Helden entdeckte: "Augustin Sumser". Zudem gibt es einen weichen, betörend
schönen Frühling auf der Insel Reichenau, der Geißler am
Ende des ersten Weltkrieges inspiriert. Er fragt sich plötzlich, ob
es wohl eine Romanfigur geben könne, so duldsam und daseinsmild in den
Wirren der Zeit, wie diese Landschaft ihm erschienen war.
Im Falle des frühen Südsee-Reisenden und "Papalagi"-Autors Scheuermann
gibt es natürlich auch die Bodensee-Faszination. Scheuermann ist
früher Natur-Apostel, Selbstversorger, Schwarmgeist. Aber Bosch zeigt
darüber hinaus, wie ein Autor mit seiner romantischen Stimmung und
Natursehnsucht sich an diese verliert und sich mehr und mehr einem Romantizismus
überläßt, der ihn schließlich anfällig macht für
die Nazi-Ideologie.
Die Nähe vieler Schriftsteller zu den Nazis ist der dunkelste Aspekt
dieser Bohème-Geschichte und betrifft Aberdutzende von Autoren. Ob
es sich um den vitalen Lebemann Norbert Jacques handelt oder um den in der
Zwischenkriegszeit meistgespielten deutschsprachigen Dramatiker Wilhelm von
Scholz, dessen Villa Seeheim noch heute, traumhaft gelegen, an der Konstanzer
Bucht die Blicke der Schiffsreisenden auf sich zieht.
Der Nazi-Ideologie verfiel auch der thurgauische Bauerndichter Alfred
Huggenberger, ein hinreissend genauer und empfindsamer Autor, ein Mann des
ganz erfahrungsgesättigten Heimatlobs, der sich die Hochachtung von
Ludwig Thoma und Hermann Hesse erschrieben hatte. Um so größer
Hesses Enttäuschung, als sich der Thurgauer 1933 entscheidet, "für
die große Umwälzung das Möglichste an Verständnis
aufzubringen", um sich schließlich von den Nazis als Vorzeigefigur
mißbrauchen zu lassen.
Während der Nazi-Zeit war die deutsche Seite des Seeufers ein
Rückzugsgebiet für viele nicht akut gefährdete Autoren und
die Schweizer Seeseite wurde für viele zum buchstäblich rettenden
Ufer. So für Alfred Döblin, Adrien Turel, Walter Mehring und Carl
Zuckmayer.
Ein heimliches Zentrum der Emigration war das private Kreuzlinger psychiatrische
Sanatorium "Bellevue" von Ludwig Binswanger, das freilich auch sonst ein
Magnet für viele Prominente war und vorüberbgehend beispielsweise
den Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner beheimatete und einen beschwingten
Sigmund Freud auf Besuch am See bei seinem Briefpartner Ludwig Binswanger
sah.
Von dieser Klinik führt eine deutliche Spur in das bei Romanshorn gelegene
Fischerdorf Uttwil, das sogar Fremdenverkehrswerbung machte mit der Anwesenheit
so zahlreicher namhafter Künstler in seinen Mauern.
Kirchner hat nicht nur seinen Psychiater Binswanger in einem expressiven
Holzschnitt festgehalten, sondern auch den in Uttwil wohnenden belgischen
Architekten und Gestalter Henry van de Velde. Der Weg des Dramatikers Carl
Sternheim führte im Verlauf mehrerer Nervenkrisen vom Fischerdorf ins
Kreuzlinger Bellevue. Eine davon ist in einem Brief von Sternheims Uttwiler
Nachbar dokumentiert. - Ein Brief, der in seiner ganzen nüchternen
Distanziertheit und Detailtreue eine der vielen funkelnden Trouvaillen des
Buches ist.
Der Blick von außen auf Land und Leute ist da besonders reizvoll, wo
er von Augenpaaren ausgeht, deren Blickwinkel wir kennen, wie im Falle von
James Joyce und Ernest Hemingway. Hemingway war zweimal in Schruns im Montafon.
Im Winter 1924/25 reiste er, nachdem er "den Schwarzwald leergefischt hatte"
(!!), von Paris kommend im November an - und blieb beinahe bis Ostern! Von
den trinkfesten, sangesfreudigen und sportlichen Vorarlbergern war er so
begeistert, daß er sogar eine Kritik der Aufführung eines Hans
Sachs Stückes für die "Vorarlberger Landeszeitung" schrieb, das
ein Schullehrer einstudiert hatte. Im Jahr darauf nahm er den Romancier John
Dos Passos mit ins Montafon, der ebenfalls rundum begeistert war: "Alles
war phantastisch billig. Wir aßen Forelle blau und tranken heißes
Kirschwasser. Das Kirschwasser war in solchem Überfluß vorhanden,
daß man es uns zum Abreiben gab, wenn wir von unseren Skiausflügen
nach Hause kamen (...)."
Ganz in der Nähe, nämlich in Feldkirch, hatte sich 1932 James Joyce
niedergelassen: "Wir verbrachten einen Teil des Sommers in Feldkirch, einer
alten, netten Stadt. Die Leute gefielen mir gut - altmodisch und höflich."
Joyce war zunächst erleichtert, weil er in offenkundiger Unkenntnis
über sein im Rheintal gelegenes Reiseziel befürchtet hatte, dasselbe
werde sich "als eines von diesen elenden, von Gewittern bevölkerten
Bergnestern" erweisen. Er arbeitete an "Finnegan's Wake". Dafür machte
er Notizen im Gasthof "Löwenschwemme", der im Roman, wie im Übrigen
eine ganze Reihe anderer Anspielungen auf Feldkirch, wieder auftaucht: als
"vineshanky's schwemmy".
Ruth Blum hielt von Schaffhausen aus die Verbindung nach Irland. Aber der
Weg dieser "ländlichen Mutter Courage" (Bosch) bis zur Autorin mit zwei
Heimaten - eben dem Klettgau und Irland - war weit. Er führte über
dutzende von Hilfsarbeiten, bis sie endlich, als "Wischfrau" (!) bei der
"Neuen Zürcher Zeitung", den Lokalredakteur Edwin Arnet auf sich aufmerksam
machen konnte. Sie arbeitete bald für die "Basler Nachrichten",
kämpfte für das Frauenstimmrecht - "bereit für die gerechte
Sache der Frau Haare und Zähne zu lassen" - und schrieb im Lauf der
Jahrzehnte ein umfangreiches literarisches Werk, das der Literarhistoriker
Charles Linsmayer als "hochmodern" einordnet. Unter anderem weil Blum, als
sie an Krebs erkrankte, eine Schreibweise gefunden habe, die ihr erlaubte,
auf dieses jahrzehntelange Leiden in dem autobiographischen Buch "Wie Reif
auf dem Lande" "mit seltener Offenheit" zu reagieren.
Eine andere literaturgechichtliche Randfigur, die Bosch uns ins Leben
zurückholt, ist die St. Gallerin Regina Ullmann. Auch hier der Konnex
von Lebens- und Werkgeschichte, wenngleich in illustrem Umfeld. Zum Umgang
Ullmanns gehörte Rilke, der "wilde" Psychiater Otto Groß,- ein
Drogenprophet, produktiver Querkopf und früher Freud-Kritiker, - sowie:
die (!!) göttliche (!!) Lou Andreas-Salomé und: Ellen Delp, die
die Biographie Ullmanns verfaßte. Hin- und hergerissen zwischen extremer
Schüchternheit und starkem Ausdrucksverlangen, zwischen Stadt und Land,
zwischen Sprechen und Schweigen, zwischen Handarbeit im ganz buchstäblichem
Sinn und schriftstellerischer Tätigkeit, zwischen jüdischer Kindheit
und erwachsener Konversion zum Katholizismus, zwischen Münchner Bohème
und demütiger St. Galler Innerlichkeit, verfaßte Ullmann ein Werk,
das bis heute nachwirkt. Gerade in seiner Parteinahme für die "Dumpfen,
Einfältigen und Beschädigten".
Bosch hat mit seiner "Bohème am Bodensee" all diese Viten für
uns aufgeblättert mit leichter und kundiger Hand, und der mit Kennerschaft
betriebene Verlag der Libelle hat sie in einen Prachtband gekleidet. Das
Buch, exzellent geschrieben, gegliedert und gestaltet, opulent illustriert
und gediegen gedruckt, ist ein ganz großer Wurf. Zu kritisieren gibt's
nicht viel. Ein paar verrutschte Trennungszeichen. Einige stilistische Holperer.
Fritz Mauthner ist nicht "der 'bedeutendste Sprachphilosoph des 20.
Jahrhunderts'". Weder "'vor'" noch "'nach'" "'Wittgenstein'", sowenig wie
Ernst Jünger 1900 geboren ist, wie überhaupt das Jüngerkapitel
ein wenig angestrengt wirkt und etwas wackelt. Doch damit ist das kritische
Soll wirklich erfüllt.
*
Es ist ja wahr, daß Autorinnen und Autoren, der ganzen betäubenden
Schönheit der Landschaft zum Trotz, vom See profitierten. Sie tun es
immer noch. Aber Bücher wie dieses zeigen: das gilt auch umgekehrt.
Was endlich die Leserschaft der "Bohème am Bodensee" betrifft - :
der Stoff liegt nun vor ihr, klar und hell ausgebreitet wie vor dem Wanderer
im "freudigschauernden Chaos" des Föhntags das erhabene Gebirg' im
Silberspiegel der Wasserfläche: Erhasche sie's!
Dieter Kief
Manfred Bosch, "Bohème am Bodensee", Verlag der Libelle, Lengwil/Thurgau
1996. 600 Abb., 624 S. Ln. im Albumformat. 128 DM
Der Lyriker und der Detektiv werden 50
Manfred Bosch portraitiert Peter Salomon
Autoren sind eitle Menschen. Selbstverliebt, egoman, rücksichtslos auf
ihren eigenen Vorteil bedacht in einem Literaturbetrieb in dem das Gesetz
des Dschungels herrscht: Fressen und gefressen werden - oder eben verhungern.
Peter Salomon, das merkt man schnell, wenn man ihn kennenlernt, ist keiner
von "denen". Das vorweg.
Fünfzig ist er geworden und wie sich das gehört, wird das
gebührend gefeiert. Wie anders, als mit einem Büchlein. Wie anders
als durch einen Freund. Wie anders als betreut durch den Verleger Klaus Isele.
Die Festschrift folgt dem Format, das Salomon selbst für seine Portraits
von Schriftstellern des Expressionismus gewählt hat: Ein mit Fotos
bestückter Essay (aus der Feder Manfred Boschs in diesem Falle) bildet
den ersten Teil und skizziert Peter Salomons Biographie und literarisches
Schaffen: Jugend in Wilmersdorf, der frühe Kontakt zum Expressionismus,
seine ersten literarischen Schritte in der "Scene" der 70er, seine Distanz
zur "engagierten" Literatur dieser Zeit, seine Poetik der
"AlltagsBeobachtung". Schließlich wird Peter Salomons Rolle als
"Literaturdetektiv" beleuchtet, in der er vergessene Expressionisten und
eine vergessene expressionistische Szene im Konstanz der Jahre zwischen 1909
und 1913 ausgräbt.
Dann kommt der Lyriker Peter Salomon zu Wort: (teilweise unveröffentlichte)
Texte aus den Jahren 1969 bis 1996 skizzieren Wandlung und Konstanz im Schreiben
von Peter Salomon. Alltag und Natur, Warenwelt und Bodensee - und immer
wieder distanzierte Beobachterfiguren: Detektive - bestimmen die Texte.
In Oberflächen spiegeln sich Zerrbilder, die jene Tiefe andeuten, die
Lyrik ausmachen.
Den Schlußteil bildet - wie von den Expressionismus-Bänden gewohnt
- die ausführliche Bibliographie, die selbständige und verstreute
Veröffentlichungen ebenso verzeichnet, wie Sekundäres: selbst
Funkmanuskripte, Rezensionen und Lesungsberichte sind festgehalten.
"Welches Verfallsdatum haben wir denn heute?" fragt der Titel des
Bändchens, den gefeierten zitierend. - Für Dich Peter: "Noch
lange keines." Alles Gute!
Manfred Bosch (Hg.): "Welches Verfallsdatum haben wir denn heute?" ein Portrait
des Dichters als Fünfzigjähriger. Replik Sonderheft. 44 Seiten,
DM 18.-. ISBN 3-86142-094-5
***
Das in der Druckausgabe enthaltene Portrait von Peter Salomon ist ein 1997
in einer Auflage von 55 Exemplaren entstandener Holzschnitt
von Arno Waldschmitt (geb. 1936 in Kassel, Mitglied der "Rixdorfer"
Werkstatt).
CCC-Gründer Wau Holland zum Tod von William S. Burroughs
/emp 12.08.97 - Aus der Garde der Barden starb nicht lange nach Allen Ginsberg
William S. Burroughs.
Er war ein zarter Mann mit einem weiten Herz. Sein Schutz war ein Verbergen
durch radikale Offenheit. Das Schreckliche und Schmutzige hat er beachtet
und geschrieben.
"Ich würde nichts töten, wenn ich es nicht essen wollte". Dann
ergänzte WSB "vielleicht ein Opossum".
Allen Ginsberg hatte ein Photo von ihm gemacht, wie WSB im Museum neben der
Sphinx steht. Beider Blick läßt tief blicken.
WSB kannte den Tod und das Töten zu Lebzeiten - und Leben
im Dreck. Er lebte Schmerz und Schrecken wie Lust und Freude. Viel hat er
an sich herankommen lassen.
Er zeigte nicht nur Wunde wie Beuys, sondern wühlte auch dort.
CutUp-Technik zusammen mit Brian Gysin. Beat-Generation. Im Pariser Hotelzimmer
Schieß-Übungen machen. An der Wand kein Sandsack, sondern eine
Bibel als Kugelfang. Eine geliebte Frau erschießen bei Wilhelm
Tell-Spielchen. Pech gehabt. Die Totenköpfe in der DATENSCHLEUDER Nr.
1 sind aus der Umschlagillustration eines WSB-Buches, damals bei 2001.
"Die Schreiberei ist der Malerei 50 Jahre hinterher".
Er hatte nicht nur eine Vision. Einen Koffer voll aufwühlender Texte
zurücklassen in Tanger und hoffen, daß der sexdralle Horror gefunden
wird. Ein junges Bürschlein, so aus der
Bibelstunden-Bücherclub-Kultur.
Den Gedanken der aktiven geistigen Verführung zog WSB durch.
Vorsätzliche widernatürliche Sittengefährdung der Jugend -
eigentlich müßte jedes Wort in Anführungszeichen.
Von BBC nach dem Tode gefragt, vor rund zehn Jahren, antwortete WSB, das
Leben nach dem Tod hängt von einem selbst ab.
Ich werde ihn nicht vergessen und vielen anderen geht es ebenso.
Was ist das, meine Erinnerung an diesen Warmblüter, an einen nicht
sentimentalen, aber gefühlvollen Menschen, der mit "schwul" eben nicht
beschrieben ist.
Die Farbe: krankenhäusige grüne Farbe von Schleim und Kotz. Das
Buch: "The Job".
Die Szene: Ein geifernder Südstaatenrassist nimmt sein Gewehr und knallt
einen Nigger ab. Danach schlägt er routiniert eine neue Kerbe in sein
Gewehr.
In THE JOB schildert WSB, wie ein schwarzer Militanter diesen Vorgang mit
maximaler Gefühlsaufladung als Filmszene voller Huldigung des KKK-Rassismus
gezeigt bekommt.
Ein Film aus dem Arsenal des Bösen "sowas gehört verboten".
Der Nigger reagiert wie erwartet: Empörung, Wut, Zittern; genau die
von den Rassisten erwartete als Auflehnung getarnte defacto-Unterwerfung.
Erzeuge Wut und provoziere Fehler.
Mit dem Seziermesser der Sprache zerlegt WSB den Nigger. Denn der hat "es"
nicht begriffen --- hoffentlich: _noch_ nicht.
Die Lehre: wenn du wütend bist und ein Gewehr hältst, um den
KKK-Rassisten abzuknallen, schießt du daneben. Du hast zu lernen, ruhig
und bedächtig bleiben, auch bei KKK-Hetze.
Ich habe THE JOB gelesen zu Zeiten der "Black Panther" und damals die verlogene
Propaganda der USA ebenso studiert wie die Schriften der Black Panther und
die Texte des K.K.K.
WSB stand dem Gedanken der Begründung einer Guerillatruppe zur Erringung
der Rechte von Schwulen, Outlaws und Underdogs positiv gegenüber.
Polarisierung und Deeskalation müssen keine Widersprüche sein.
Aber WSB wäre nie so bescheuert gewesen wie die ETA, irgendeinen kleinen
Angestellten im Rahmen eines politischen Kuhhandels mal eben abzuknallen.
"Ich würde nichts töten, wenn ich es nicht essen wollte". Dann
ergänzte WSB "vielleicht ein Opossum".
Und doch, mit ein paar Jahrzehnten Abstand könnte der ETA-Mord als
"politisch" durchgehen und zur Amnestie führen; ebenso wie politische
Morde beider Seiten im Südafrika der Apartheid - Rassistenmorde
wie ANC-Morde. Heute wird beides vor der Truth-Commission behandelt und es
ist anders und IMO besser als im Nachwende-Dautschland* .
Das Schaffen von mobilen Autoritätseinheiten, bestehend aus 1 Zollschranke,
1 Häuschen im Telefonzellenformat, ein paar Uniformierte mit Waffen,
das ist alles. Quelle: Dr. Kurt Unruh vom Steinplatz.
Das derbe, wilde, ungestüme ist notwendig in einer Gesellschaft zu ihrer
Fortentwicklung. Wie war das mit "High sein, frei sein, ...".
Einen Genpool zu stoppen hat keinen Zweck. Die Insekten werden stärker
sein als die klinisch reine MONSANTO-Version der Welt. Je größer
der Versuch der Reinhaltung, desto aerger wird der Schmutz. Die übelsten
und resistentesten Krankheitserreger gibt es im Krankenhaus und den
übelsten SPAM der Welt werden die Bithausmeister im cl.Verbund** erzeugen
beim Versuch des digitalen "Roundup".
Schmutz und SPAM sind Bestandteil der Welt ebenso wie Küchenschaben,
Heuschrecken und bunte Schmetterlinge.
Auch Kohlweißlinge haben ein Recht, Kohl zu fressen.
WSB hat das gewußt. Wer WSB liest, hört und sieht, könnte
das bemerken, wenn mensch nicht so verklemmt ist, sich bei jedem sexuell
aufgeladenen Begriff einen runterzuholen, die Schamlippen zu verknoten oder
nach Zensur zu geifern.
Mitläufer und Nachbeter sind dazu nicht in der Lage. Das gilt besonders
in der Bundesrepublik Dauland. Die Masse knirscht rum und will zensieren,
wie Daudia Nolte, Bischof Dyba, Adlatus Drewes augsburgiensis, und wie usw.
usw. heissen.
"Dreck reinigt den Magen" heißt es bei den Hühnern. In den Datennetzen
ist es der SPAM.
Die einen wollen die MONSANTO-Welt mit der Bitreinigung der Datennetze. Der
knallhart rassistische "KKK-Lehrfilm" aus THE JOB würde im cl Strafanzeigen
auslösen vom politisch korrekten Biedermanne bei sittenstrengen Miederbanne.
Ich liebe Burroughs und in meiner Erinnerung frage ich mich: was hätte
er getan mit den Filterfritzen im cl.Verbund?
Ein Cutup gemacht mit den Sandlutschern im cl.Verbund und den
Emma-Kontrollmösen, aus denen furztrockener Sand rieselt mit pulverisiertem
Schlangengift? Lutsch bis es knirscht. Eingeweicht in grünem Schleim,
bis es Fäden zieht.
Nach Sibirien verschleppen zu einer Schulung beim russischen Geheimdienst,
damit sie richtig ficken lernen. Die Agenten dort wurden trainiert, mit den
häßlichsten, verkrüppeltsten Frauen Sex zu haben. Das ZDF
schilderte dies in einem Bericht über die "Jugend von Agenten" als
Übungsaufgabe der Ausbildung.
Das ist "THE JOB" in reality, trained Coolness und wer WSB liest, sollte
sich immer bewußt: die Wirklichkeit ist brutaler.
WSB war anders als die Spitzelgarde von BND und KGB.
Er sah das Elend klar und präzis und hatte doch ein weites Herz. Eben
kein Geheimdienst-Dreck, sondern frei denken und frei leben. In der Welt
der Machtverstrickungen und trotz alledem.
Jeder Mensch hat die Chance zum Leben in Freiheit. Die meisten sterben, bevor
sie sie ergriffen haben.
William S. Burroughs ist erst später gestorben. Das freut mich für
ihn.
Wau Holland
Sean McGuffin: Der fette Bastard. Roman.
Wenn ein Widerling einen Roman schreibt, in den er sich selbst als Hauptfigur
und Held der Handlung setzt und in dem er seine Ekelhaftigkeit zum Lebensprinzip
erhebt, kann er ihm eigentlich nur einen Titel geben. Jenen, den der irische,
in den USA lebende Schriftsteller Sean McGuffin für sein neues Buch
gewählt hat. "Der fette Bastard" taufte er die Selbstdarstellung eines
saufenden Anwalts aus Los Angeles, der mit nicht gerade koscheren Methoden
seinen Haß auf die US-Gerichtsbarkeit, die Polizei, seine durchgehend
finanzschwachen Klienten, die Migranten von Los Angeles, auf alles und jeden,
durch die abgewrackten Gegenden von Los Angeles trägt.
Sean McGuffin; wer ist dieser 1942 in Belfast geborene Schriftsteller, von
dessen Existenz und Werk trotz Irland-Buchmesse die Feuilletons nichts
wußten oder wissen wollten? Die Edition Nautilus als Herausgeber hielt
es - aus gutem Grund - für angebracht, dem Roman eine editorische
Einführung voraus zu schicken, die den Autor vorstellt, umhüllt
doch Sean McGuffin sein Ego mit viel biographischer Geheimnistuerei und
aufgeblähtem Versteckspiel. So trat McGuffin mit Nautilus stets nur
über seinen Übersetzer Jürgen Schneider in Kontakt, was den
Verlag an seiner Integrität zweifeln ließ. Nur einmal, 1991, kam
ein persönlicher Kontakt zustande, "Schneider zögerte zunächst",
heißt es im Vorwort, "war dann aber einverstanden, 'McGuffin' nach
Ostberlin zu bringen, wo ein Festival der Irischen Literatur stattfinden
sollte. (...) Sicher, es erschien ein übergewichtiger Ire, behauptete,
McGuffin zu sein, (...) las aus seinem Buch und beleidigte viele im
überwiegend kommunistischen Publikum mit seinen anarchistischen
Bemerkungen."
Die unterschiedlichen Stile, in denen die einzelnen Kapitel von "Der fette
Bastard" verfaßt sind (welche inhaltlich in keinerlei Zusammenhang
stehen), ließen die Herausgeber - verstärkt durch das ausweichende
Verhalten von Jürgen Schneider - den Schluß ziehen, daß
es sich bei McGuffin gar nicht um einen einzelnen Autoren, sondern um ein
Schriftstellerkollektiv handelt, zumal Schneider, als die Edition Nautilus
Klarheit über McGuffin forderte, ein Photo vorlegte, das angeblich den
Schriftsteller bei einem Urlaub im Dschungel von Borneo zeigt, wobei die
dort abgebildete Person optisch nur wenig mit dem Iren der Lesung von 1991
gemeinsam hat.
Diese Reise zu den Kopfjägern in den Dschungel von Borneo, verbunden
mit der Einnahme psychedelischer Drogen, die jenes Photo belegen soll, schildert
'McGuffin' parallel zu den Erlebnisses seines Egos als Anwaltsekel; ebenso
wichtigtuerisch, egozentrisch und ignorant. Der Ich-Erzähler schindet
durch eine billige Tätowierung Eindruck bei einem eingeborenen
Händler, der ihn in sein Dorf einlädt (unter Eingeborenen in Borneo
wird eine Tätowierung zu tragen nur einem 'Helden' erlaubt); dort wird
'McGuffin' zu Ehren eine Feier zelebriert, bei der ein
bewußtseinserweiterndes Getränk gereicht wird. Den weiteren Raum,
den dieser Strang einnimmt, nutzt 'McGuffin' dazu, die aberwitzige esoterische
Behauptung, sein Ich-Erzähler hätte nach der Einnahme der Droge
Keltisch gesprochen, da die keltische Sprache auf seinen Genen programmiert
ist, wie auch die Eingeborenen Keltisch gesprochen hätten,
pseudo-theoretisch und pseudo-philosophisch zu vermitteln.
Und in einem dritten Strang erzählt 'McGuffin', diesmal im Tonfall
bedeutungsschwerer Altersmemoiren, die Geschichte eines erfolgreichen
Streikbrechers und Agenten der US-Detektei Pinkerton, der als Provokateur
in den 10er und 20er Jahren mit Eifer die US-Arbeiterbewegung aufmischt und
einige ihrer Führer an den Galgen bringt; der sich einbildet, der
größte Detektiv dieser Zeit und der wichtigste Drahtzieher im
schmutzigen Kampf gegen die Gewerkschaften gewesen zu sein. Memoiren eines
arroganten Arschlochs. Eine ekelhafte Geschichte; wie alle, die "Der fette
Bastard" McGuffin erzählt.
Aber halt. Denn natürlich weiß der Nautilus Verlag ganz genau,
daß er es bei Sean McGuffin mit nur einer Person zu tun hat, und der
ganze Zirkus des Vorworts um eine zweifelhafte Person, um das zusammenhangslose
Romanmanuskript, um den Hochstapler Jürgen Schneider, der ganze "fette
Bastard" ist ein wunderbarst anarchistisches Lügen- und Provokationsspiel,
das die Befindlichkeiten der westlichen Post-Woodstock-Zivilisation hoch
gehen läßt, die Geschmeidigkeit der sozialpädagogischen Hoffnung
und die linksesoterische Glaubensgemeinschaft - genauso wie die Leere der
kompromißbereiten Gewerkschaften und der heutigen angeblichen
Arbeiterparteien. Die geradezu religiöse Pflege und Anbetung psychischer
Schädigungen und Krankheiten. Eine rigorose Verarschung, ein herber
Spaß mit den Empfindsam- und Empfindlichkeiten des neuen Bürgertums,
das jederzeit im Bewußtsein handelt.
Sean McGuffin schminkt sich als Clown. Dann mimt er den Kraftmeier, wirft
seinem Wohnzimmerpublikum das, womit es kaum umzugehen weiß, vor die
Füße: Allgegenwärtige Aufschneiderei zur persönlichen
Vorteilnahme, gekoppelt mit dem Einsatz von Ellenbogen. "Der Fette Bastard"
- ein Roman, der seine Hose aufknöpft und öffentlich pinkelt, und
das nicht gepflegt in eine öffentliche Toilette, sondern einfach
irgendwohin. "Der Fette Bastard", das ist beste Lebenskraft, knallende
Streitlust, Aggression, die einfach Spaß macht. "Der fette Bastard"
ist unfair und genau deshalb ist er wirklich ehrliche Literatur.
Martin Droschke
Sean McGuffin: Der fette Bastard. Roman. Aus dem Englischen
von Jürgen Schneider. Edition Nautilus (Hamburg) 1996. 318 Seiten, DM
39,80
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Wandler, Zeitschrift für Literatur, Heft 20
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