Wandler, Zeitschrift für Literatur, Nr.20: Axel Aschenberg: Ökologische (Er-)lösungZurück zur Titelseite und zum Inhalt
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Axel Aschenberg: Ökologische (Er-)lösungOh du nicht mehr aufhörender Druck. Ich will die Welt retten. Ich will, daß die Welt bleibt, nicht nur wie sie ist. Ich gebrauche die Ironie als Waffe meiner Ohnmacht im Supermarkt. Stundenlang haben wir uns in die Globalisierungsfalle fallen lassen. Jetzt haben wir tausend Gründe: kaufe nicht ausländisch ein. Ich mutiere zum Bioapfel aus der Gegend und überflute die Regale. Alle kommen auf den Geschmack. Niemand stößt etwas bitter auf. Doch der Hunger bleibt. Eine Usbekin fliegt in meinen Kopf. Sie kann sich nicht sattsehen. Sie melkt meinen Idealismus. Brecht erschlägt mich. Ich kann meinen Tod nicht mehr begreifen. Nur den der Menscheit. Alle sterben auf einmal in meinem Kopf. Zuerst die Kinder in der Dritten Welt. Mein Terminkalender ist voll. Ständig Beerdigungen. Ich kaufe mir ein Auto, um schneller ans Ziel zu kommen. Ständig überfahre ich irgendeine Oma. Ich kann es nicht mehr allen Recht machen. Auf einmal ist Geld alles für mich. Einmal eine Million für Greenpeace spenden und dann sterben. Petrus wartet auf mich mit einem grünen Buch. Ich habe alle Punkte erfüllt, aber meinen Namen weiß ich nicht mehr. Das kann passieren. Doch das wars noch lange nicht. Sie wollen mich wieder in die Welt werfen. Ich habe mein Karma noch nicht erfüllt. Ich soll ein Baum sein. Einfach nur existieren und nebenbei Gutes tun. Zu schön um wahr zu sein. Ich werde nicht der Erlöser der Autos. Sie bespucken mich mit Druckerschwärze. Ich kann es nicht fassen. Werde rot vor Scham. Doch das ist nur Ohnmacht. Denn sie wissen nicht, was sie tun. Manche schon- so eine Parkbank kann ganz schön kühl sein des nachts- früher, in der Chefetage habe ich die Zeitung gelesen und es ist mir ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen. Heute gibt sie mir warm, so kann`s gehen. Ich bin viel entspannter. Hier in der freien Natur merke ich, was wirklich zählt. Eine Brücke über dem Kopf ist mein ein und alles. Die Welt ist ein großer Freizeitpark und alles gehört mir. Wumm, das war schon wieder ein Autodach. So eine Delle, nein das ist nicht schön. Ach, ach, ach, ich lege so gerne ein Autodach flach. Da reden die Leute immer, daß wir Taugenixe wären, dabei kurbele ich nur gerne die Wirtschaft an, ich bin ja kein Unmensch. Ich gönn
den anderen ja ihren Wohlstand. Manche denken ja tatsächlich, daß
das Blech an einem Auto heil sein muß, damit es fahren kann. Das ist
interessant. Doch ich liebe den Lackgeruch, ich treibe mich solange in
Lackiereien rum bis sie mich rauswerfen. Jetzt weiß ich, warum manche Branchen so beliebt sind. Unter einem Auto liegen und das Auto hochkriegen, ja das ist schon etwas. Und wie das flutscht. Ja, so ein Ölwechsel, das ist ein Fest. Und dieser Service und diese tollen Namen. Wie das klingt. Bargeld lacht. Da geht mein Portmonaie auf. Ich bin kein Trittbrettfahrer, denn mich nimmt niemand mit. Ich fahre mit dem Fahrrad nach China und möchte Umweltschutz predigen. Ich brauche ein ganzes Leben um anzukommen. Sie kontrollieren mein Gepäck nach Bibeln. Damit kann ich nicht dienen. Sie lächeln, ich bleibe ernst, ich bin im Namen des Baumes unterwegs und nehme meine Mission ernst. Es ist 2030. Es herrscht Smogalarm. Ich kann nicht atmen. Es scheint ich bin wirklich zu spät. Ich gehe
in mich und fühle, ob ich noch ein paar Leben im Köcher habe. Die
Sache scheint kein Ende zu nehmen, naja, ich hatte einen schlechten Start.
Ich lege mich auf Flughäfen auf die Landebahn und fühle mich frei.
Axel Aschenberg (Jahrgang 70) ist gelernter Kaufmann und studiert Jura in
Konstanz.
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