Wandler, Zeitschrift für Literatur, Heft 18: Marion Burger

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Marion Burger: * 1968, lebt und arbeitet als Sekretärin einer Hochschule in Heidelberg.

Marion Burger

vom frühen Blau

rufe die Fahrt ins Blaue
die hellblaue
so nach Stachelbeeren (Strauchelbeeren) schmeckt
umgarnte Heckenrose die die
Asphaltdüfte inhaliert
meine Füße auf leisen Schneesohlen
die von gestern
Schneegestöber zwischen hohen Masten und
Laternenpfahl an dem die Lichterkette hängt
vereinzelt Zaungastmahle
mit klapprigen Zähnen
und Dunstglocke mit dem Flockengeläut
an Straßenrändern an manchen
vom Laufen ein geholtes Kind verlaufenes
im Gesicht der Eiskratzer stahlblaues Mal
kurze Beine in der Hand die genommenen
Klatschmohnstange gezitterter
Balanceakt im Staubkornfeld.

NAHE FÜNF

der Morgenära Anflug
nahezu Nachtschwund beinah schon
Himmelsdecke dünnhäutig
glatt die Schwarzhaut abgestreift
unaufhörlich luftlichte Duftstriche
den Mondspitzen abgeneigt
ausgerollte Nebelschnur auf ihr
die Schlafperlen aufgereiht
der Größe nach
die letzte: Morgenröte aufgelöst

Placeboruhe im Wasserglas.

mit Souffleuse auf dem Sims

und das Kopftuch ragt aus dem Schlafzimmerfenster
sperrangelweitoffengetrageneshaupt
die Fingernägel fest
durchs Reißbrett gezogen
die Spitzen die treiben im Sand
durchtriebengekreuztesschicksalnochmal
und klassische Hände beim Zitherspiel
Zitterpartie in den schwindligsten Höhn
langfingerharfensirenengesang
Chanteuse Frau im seligen Ohr
die mit Silberzahnlachen/lücken
Stühle verrücken die Reise geht
nach Jerusalem oder Gedankensprung nur
bis zum Hinterhaus
wolkenverzogenefelshangaktrice
das Kopfschaf im lausigen Pelz.

Pupillenherz

seltsam und oktavenschwer
das aufgeschlagene Pupillenherz
auf Mondscheinbasis Wimpernkränze
Wachs oder wachsam
träufelnde (träumende) Iris
Krause mit löslichen Wasserlilien
Schattenschablone im schaukelnden
Plastikblumenfeld im
September Oktober November Dezember
Instrumental und kurz
als Zwischenspiel:
die herumliegenden Schlaflieder
vor mich hin- und hergesummt
oktavenschwere am Rand gesäuberte
handgepflückt stehn die Memoiren
in den geliehenen Vasen.

Wandler, Zeitschrift für Literatur, Heft 18

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