Die Wissenschaft vom Auge, gestern und heuteErnst Peter Fischer
& Julius Hirschberg
Ernst Peter FischerWie das Licht aus dem Auge ins Gehirn kommtIm Gehirn ist es dunkel. Das Licht, das ins Auge fällt, bleibt in der Netzhaut stecken. Und niemand sitzt mehr dahinter, um sich das Bild der Welt auf der Retina anzusehen. Sehen ist ein Vorgang, der mit den elektrischen und chemischen Möglichkeiten neuronaler Netzwerke erklärt werden muß. Sehen erfordert ein aktives Gehirn. Bevor das Licht aber da als Signal angekommen ist, gilt es zu verstehen, wie es umgewandelt wurde. Dies fängt mit einem Protein an. Wenn Licht ins Auge fällt, trifft es in den Zellen der Netzhaut auf bestimmte Moleküle, die aus zwei Teilen zusammengesetzt sind. Sie heißen Rhodopsin. Wenn Licht von solch einem Gebilde eingefangen wird, fliegt es auseinander. Im Auge gibt es damit ein chemisches Signal. Dieses wird an den Rand - die Membran - der Sehzelle vermittelt und in ein elektrisches Signal umgewandelt. Und zwar auf folgende Art und Weise: Solange es dunkel ist, strömen Natriumionen in die Zelle ein. Ein Dunkelstrom fließt. Eintreffendes Licht schwächt diesen Dunkelstrom ab, indem es dessen Kanäle durch die Umhüllung verstopft oder zumindest behindert. Ein solches Signal wird den Nervenzellen vermittelt, die es ins Gehirn leiten, wo dann endgültig das Licht "gesehen" werden kann. Über Zwischenstationen gelangt die Information dabei in primäre und sekundäre Sehfelder, die in der Hirnrinde liegen. Damit ist kein Ende der Leitung erreicht. Vom visuellen Kortex ziehen die Nervenbahnen weiter und kommen auch wieder zurück. Wo die zum Erkennen notwendigen umfassenden Wahrnehmungen organisiert werden, wie also aus Licht Sehen wird, bleibt auch heute noch im Dunkel. Im Sehfeld der Rinde jedenfalls ist das gesehene Bild in seine Linien, Kurven, Winkel und vieles mehr aufgeteilt. Aus: Ernst Peter Fischer: Die Welt im Kopf. libelle: wissenschaft. Faude 1985. S.72. Mit freundlicher Genehmigung des Verlages. Julius HirschbergVon den Verletzungen des AugesErgäbe es sich aber, dass einem Menschen ein Auge allzusehr und gewaltig herausstrotzte (egressio oculi), wie ich deren viel gesehen, und auch ausgenommen habe, und wäre so groß, scheußlich und abscheulich zu sehen, und könnte auch nicht verdeckt noch verborgen werden, wie an dieser nachfolgenden Figur zu sehen ist; und ein Mensch wollte dessen gern ledig und los werden, so thue ihm, wie folgt: Nimm von den hier verzeichneten Instrumenten eines, welches Dir am füglichsten und besten zur Hand ist, deren Figur hierbei steht, welche allesamt ganz scharf, wie irgend nur ein Scheermesser sein mag, bereitet sein müssen; drücke es in einem Huy unter dem oberen Lid hinein, doch ganz gehebe am Bein und an der Hirnschalen bis auf den hintersten Grund, umfahre also geschwind und behende das ganze Auge, sonderlich dass es am hinteren Ort allenthalben zuerst abgeledigt und losgemacht werde, fein gehebe und glatt an der Hirnschale und Gebein umher, damit die verderbte Materie, böse Feuchtigkeit, Adern und Nerven allenthalben ganz und gar herauskommen mögen. Doch soll sich ein Jeder, der damit umgeht, fleißig vorsehen, dass er dem oberen und unteren Lid nicht Schaden thut, auf dass es hernach nicht grässlich und hässlich heile. Wenn solches nun also wohl verrichtet und das Auge herausgenommen ist; so lass den Kranken nicht lange bluten, sondern binde ihn bald zu und brauche zum ersten Verband ein Pulver (aus weißem Vitriol, Alaun u.a.). Aus: Julius Hirschberg: Geschichte der Augenheilkunde, 1899-1908.
Der Text diente als Quelle für Hermann Kinders Roman "Ins
Auge", aus dem weiter unten ein Kapitel wiedergegeben ist.
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