Wandler - Zeitschrift für Literatur
Frank NeuerDer Traum des Kassierers(Anspielung auf Freud)Wem etwas an moderner Literatur gelegen ist, sollte nach persönlichen Möglichkeiten, zumal wenn er flexibler Natur ist, für die neuesten Strömungen in der Literatur eintreten. Infolge dieser Behauptung, der ich mich ohne Zögern anschließen würde, habe ich eine alte, nicht eben gelungene Geschichte umgewandelt und huldige mit ihr Mr und Mrs Social Beat. In einem kleinen romantischen Dörfchen am Rande des Schwarzwaldes (erste Anspielung auf den baldigen Tod des Protagonisten), stand einsam und verlassen (Anspielung auf die Gebrüder Grimm) ein kleiner Supermarkt. (Aldi, Anspielung auf Bukowski). Es war schon fast ein Kramerladen (Ansp. auf Theodor Kramer, 1897 1958, Werke: Verbannt aus Österreich, Die grünen Kader). Aber da die Preise niedriger waren als in einem Kramerladen, nannte sich das Geschäft Supermarkt, das heißt, eigentlich nannte sich das Geschäft nicht selbst so (Ansp. auf alten Witz, 1877 1946, Novelle um Gott), sondern man... (Ansp. auf Thomas Mann) Der Besitzer war an jenem Tag nicht anwesend (zweite Anspielung auf den baldigen Tod des Protagonisten) , an dem unsere kleine Erzählung spielt (Ansp. auf Boris Becker). Wichtig ist für die Geschichte (Ansp. auf Th. Mommsen) allerdings ein kleiner Mann (Ansp. auf Klaus Mann), der Kassierer. Es spielt keine Rolle, wie der Mann (Ansp. auf Heinrich Mann) aussieht (Ansp. auf Erich Fried), es spielt aber eine Rolle (Ansp. auf G. Gründgens), daß an diesem Tag im Laden (Anspielung auf Strittmatter, Erwin, kürzlich verstorben, damit dritte Anspielung auf baldigen Tod des Protagonisten) nur wenig los war. Es war vormittags zehn Uhr, schon seit einer halben Stunde war niemand im Laden gewesen, um eine Kleinigkeit zu besorgen (Ansp. auf P. Altenberg). Und Kunden schon gar nicht, denn in unserem kleinen Dorf war die Welt noch in Ordnung (Ansp. auf Astrid Lindgren), die Männer in der Arbeit, die Frauen Hausfrauen, zu Hause, da zwischen neun Uhr dreißig und zehn Uhr im Radio "Bügeln mit Anna" zu hören war. Na ja, vielleicht waren nicht alle Männer bei der Arbeit, der Besitzer des Supermarktes war gerade auf seiner Freundin (Huldigung an Fam. Social Beat), aber die Frauen Hausfrauen, außer Frau Derter, die Sekräterin der ortsansässigen Volksschule war, und Frau Sieberty, keiner weiß übrigens, wie das Y in ihren Namen kam, wogegen man (Ansp. auf Erika Mann) weiß, weshalb sie Marianne mit Vornamen heißt, nämlich nach ihrer ein Jahr vor der Geburt von einem Auto überfahrenen Großtante, die sie auch nie kennengelernt hatte (erste Anspielung auf baldigen Tod des Lesers), die als Putzfrau arbeitete. Frau Goethe (Ansp.!), deren Mann (Ansp. auf Hermann) im fernen Tübigen (Ansp. auf Hölderlin) als Leiter eines Kaufhauses tätig war, war Hausfrau, wenngleich ihre dermomentanige Tätigkeit nicht unbedingt hausfräulich zu nennen ist, sie schlief nämlich gerade mit ihrem Hausfreund, dem Besitzer des Supermarktes, und, oh kraus (Ansp.), genau in dem Moment, wo dieser seinen Orgasmus hatte, schlief der Kassierer ein. Ihm träumte, er ginge durch einen Wald, der ein typisches Stück Schwarzwald und es somit ein sehr heller Traum war. Das blieb der aber nicht lange. Es zogen braune Wolken auf (Trakl), die türmten (zweite Ansp. auf Hölderlin) sich gar garstig, wurden schwarze Berge, wuchsen in den Wald hinein, es knisterte wie es Kleintier und Geldscheine tun, wenn sie behende durchs Geäst hasten. Der Kassierer erwachte durch Reifenquietschen, rasant war ein
Auto davon gefahren (Ansp. auf Michael Schuhmacher). Der Kassierer
seufzte, zählte aus Langeweile das Geld in der Kasse und
erwartete den nächsten Kunden. Die Kasse stimmte, kein Crime,
aber Sex hatten wir ja wenigstens und außerdem legte der
Kassierer zur Unterhaltung eine Elviscassette ein.
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